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Daniela Winterfeld Der geheime Name Verlag: Knaur 528 Seiten Taschenbuch ISBN-10: 3426511274 ISBN-13: 978-3426511275 12,99 € |
Das Cover des Buches zeigt die Spiegelung eines goldenen Blattes vor tiefschwarzem Hintergrund. Ein einfaches Cover, dass es doch irgendwie schafft, den Blick des Betrachters auf sich zu lenken und zumindest mich zum Buch hat greifen lassen. Tatsächlich ist es nicht nur hübsch anzusehen sondern passt sogar zur Geschichte – wenn auch nicht direkt auf den ersten Blick.
Seit sie denken kann ist Fina mit ihrer Mutter auf der Flucht. Angeblich fliehen sie vor Finas gewalttätigen Vater. Spätestens als Fina ihre Mutter vor dem nächsten plötzlichen Umzug mit ihrem Vater erwischt ist ihr klar, dass hier etwas faul ist. Spontan beschließt sie der stetigen Flucht und den Lügen ihrer Eltern zu entfliehen – zu ihrer Großmutter in die Lüneburger Heide. Unwissentlich begibt sie sich damit genau an den Ort, an dem die wahre Geschichte begann.
Wer kennt sie nicht die Geschichte vom Rumpelstilzchen und der Müllerstochter, die er lehrte Stroh zu Gold zu spinnen? Laut Daniela Winterfeld war er nicht der einzige seiner Art. Und wie bei Rumpelstilzchen und der Müllerstocher wird auch das Wesen in dieser Geschichte um seinen Lohn betrogen. Neben dem geheimen Namen des Wesens sind das die einzigen Gemeinsamkeiten, die „Der geheime Name“ mit dem altbekannten Märchen „Rumpelstilzchen“ hat.
Die Protagonisten ist nicht etwa die Müllerstochter, sondern deren Kind. Und der geheime Name des Wesens lautet auch nicht Rumpelstilzchen – das hätter Finas Mutter einiges an Ärger erspart. So ist sie nun seit nunmehr neunzehn Jahren mit ihrer Tochter auf der Flucht, während der Geheime seine Pläne schmiedet. Plänen, denen Fina in die Hand spielt, als sie Hals über Kopf zu ihrer Großmutter an den Rand des Moores zieht, in der ihre Mutter einst den Pakt mit dem Geheimen schloss.
Sein Gehilfe ist der Junge, den Finas Mutter an Finas Stelle ins Moor brachte: Mora. Ohne jemand anderen als den Geheimen zu kennen dient und leidet er schon seit Jahren unter dem Wesen. Nun soll er ihm bei der Erfüllung seiner Pläne helfen. Die Begegnung zwischen Mora und Fina ist dabei nur der erste Schritt.
Anders als der Leser rechnet der Geheime nicht mit den Gefühlen, die sich auf den folgenden Seiten langsam zwischen Mora und Fina entwickeln. Eine gegenseitige Faszination, der sich auch der Leser nicht entziehen kann. Und genau diese Beziehung ist es, die die Geschichte (und das Märchen) zum Leben erweckt. Anders als im Originalmärchen ist das Wesen, das auf die Erfüllung des Paktes drängt nicht besiegt. Grausam drängt es auf die Erfüllung des Pakts – ein Drängen das man zu einem gewissen Grad auch nachvollziehen kann. Die Vorgehensweise des Wesens lassen jedoch schnell eventuelle Sympathien des Lesers verschwinden. Nichtsdestotrotz ist „Der geheime Name“ längst nicht so Schwarz-Weiß wie das eigentliche Märchen.
Finas Mutter hatte (wie auch im Originalmärchen die Müllerstochter) einen guten Grund für den Bruch des Paktes – auch wenn sie die getroffene Entscheidung noch jahrelang verfolgt. Aber auch der Geheime hat den Pakt nicht aus Böswilligkeit geschlossen, auch wenn er Finas Familie und auch Mora bösartig schikaniert. Jede der Figuren hat seine eigenen Facetten – und auch wenn man sie nicht alle mögen kann (und sollte) kann man ihr Verhalten durchgängig nachvollziehen.
Die Szenerie der Geschichte könnte – sobald man im Moor angelangt ist – einem alten Grimms Märchen entsprungen sein. Düster und schaurig sind Finas erste Begegnungen mit dem Moor und auch dem Leser läuft beim Lesen schnell ein Schauer über den Rücken. Ich hätte nach dem Lesen der Geschichte jedenfalls nicht gewagt bei Dunkelheit in ein solches zu wandern.
Das Ende ist (wie es sich für ein Märchen gehört) ein Gutes – zumindest für die menschlichen Protagonisten. Vielleicht ist es sogar eines der Enden, die mit „und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ endet – ganz so weit geht die Autorin hier nicht, als Leser kann man es sich aber sehr gut vorstellen. Mit allen Mitteln, die in der modernen Welt und in dem alten Märchen gegeben sind, sind die Weichen dafür jedenfalls gut gestellt.
Mir hat die stimmungsvolle Neuadaption des alten Märchens wirklich gut gefallen. Wenn ihr auch einen Blick hineinwerfen wollt findet ihr hier eine kleine Leseprobe.