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Tobias O. Meißner Sieben Heere Verlag: Piper 416 Seiten Taschenbuch ISBN-10: 3492703127 ISBN-13: 978-3492703123 16,99 € |
Das Cover des Buches verspricht eine düstere Geschichte. Nicht nur die Farbwahl, auch die dargestellte Szenerie ist dunkel: Über eine neblige Wiese, die mit den darin steckenden Schwertern stark an einen Friedhof erinnert, wandert eine einsame und dunkle Gestalt, die dem Leser direkt in die Augen blickt. Eine Gestalt, der man nicht unbedingt begegnen möchte – und eine Szenerie, die dem Betrachter durchaus eine Gänsehaut bescheren kann.
Auf einen Schlag besetzten die Heere von Nafarroa das friedliche Ländchen Akitania. Ein Krieg ohne Verluste und Landgewinn für Nafarroas durch schiere Einschüchterung und Übermacht. Auch das Dorf Hagetmau wird von dreißig Soldaten besetzt. Die Übernahme verläuft weitgehend friedlich. Bis ein trunkender Hitzkopf zwei der Soldaten erschlägt und die Dorfbewohner Stellung beziehen müssen – in einem Krieg, der längst begonnen hat.
Das Cover verspricht eine düstere Geschichte, tatsächlich ist „Sieben Heere“ recht farbig, blutrot um genau zu sein. Der doch recht friedfertige Anfang (sofern man bei einer Besetzung durch ein feindliches Heer von friedfertig sprechen kann) schlägt mit dem Soldatenmord im Wirtshaus schnell zu einem blutigen Gemetzel um. Die Hauptakteure der Geschichte nehmen sich nun Soldat für Soldat vor und Tobias O. Meißner spart nicht an Details – sei es bei den eigentlichen Taten oder bei der Beseitigung der blutigen Überreste. Beschreibungen, die einem zartbesaiteten Leser durchaus den Magen umdrehen könnten.
Sollte die Intention des Autors gewesen sein, Kritik an Krieg jeglicher Art zu üben, ist es ihm vollauf gelungen. Auch wenn Hagetmau Weiten von unserer Welt entfernt ist, sind Gedanken und Taten der Dorfbewohner gar nicht so abwegig, die Situation und ihre Eskalation durchaus denkbar. Tatsächlich sind alle Figuren ziemlich realistisch und glaubwürdig dargestellt. Nichtsdestotrotz habe ich als Leser eine andere Erwartungshaltung, wenn ich mit einem Buch in eine fantastische Welt eintauche. Ich wünsche mir Helden und Abenteuer, keine real wirkenden, aber unsympathischen Figuren innerhalb eines blutigen Gemetzels.
Denn auch wenn die Handlungen der Soldaten und ihres Anführers ebenso nachvollziehbar sind wie die der Dorfbewohner, macht es sie doch keineswegs sympathisch. Während die Truppe Soldaten das Dorf besetzt, weil es nun mal ihr Auftrag ist, macht sich ihr Anführer Gedanken, wie er dies möglichst ohne Zwischenfälle und größeren Ärger (auf beiden Seiten) umsetzten kann. Ein löblicher Gedanke – er entspringt allerdings keinesfalls Menschenfreundlichkeit, sondern dem Gedanken, sich mit seinen effizienten und ressourcensparenden Methoden zu profilieren und schnell wieder ins Heimatland zurückkehren zu können.
Auch das Dorf, das laut Klappentext „als einzelne vom Feind besetzte Siedlung […] aus seiner Ohnmacht [erwacht]“, ist letztendlich nur ein Dorf, das den Tod von achtundzwanzig Menschen in Kauf nimmt, um der Konsequenz für den Tod zweier Soldaten zu entgehen – durchaus menschlich, aber alles andere als sympathisch. Wen wundert es da, dass sich nur wenige dieser Dorfbewohner mit den Taten die Hände schmutzig bzw. blutig machen.
Sympathien gibt es damit für den Leser nur wenige zu verteilen. Ich mag tatsächlich nur eine einzige Person. Die junge Nendleece, die zu Beginn der Geschichte die Soldaten bereits vor ihrem „Einfall“ ins Dorf entdeckt und deren Warnungen quasi ungehört verhallen. Sie verhält sich vielleicht nicht gerade altersgerecht, aber sympathisch. Letztendlich bleibt durch sie zumindest ein kleiner Teil der Geschichte vom blutigen Krieg verschont.
Für mich untermauert „Sieben Heere“ sehr gelungen die Argumente von Kriegsgegnern – wer wollte schon in der Situation der Dorfbewohner oder der Soldaten stecken? Es gibt allerdings weder wirklich sympathische Figuren noch ein hehres Ziel oder gar ein „gutes“ Ende. Dem ein oder anderen mag das gefallen – Tobias O. Meißner bringt damit definitiv Abwechslung in die übliche Fantasyliteratur – mein Fall ist es aber (nicht nur wegen der blutigen Szenen) definitiv nicht.
Falls ihr dennoch mit der Geschichte liebäugeln solltet, findet ihr hier eine Leseprobe zum Buch.