Sieben Heere von Tobias O. Meißner

siebenheere Tobias O. Meißner
Sieben Heere
Verlag: Piper
416 Seiten
Taschenbuch
ISBN-10: 3492703127
ISBN-13: 978-3492703123
16,99 €

Das Cover des Buches verspricht eine düstere Geschichte. Nicht nur die Farbwahl, auch die dargestellte Szenerie ist dunkel: Über eine neblige Wiese, die mit den darin steckenden Schwertern stark an einen Friedhof erinnert, wandert eine einsame und dunkle Gestalt, die dem Leser direkt in die Augen blickt. Eine Gestalt, der man nicht unbedingt begegnen möchte – und eine Szenerie, die dem Betrachter durchaus eine Gänsehaut bescheren kann.

Auf einen Schlag besetzten die Heere von Nafarroa das friedliche Ländchen Akitania. Ein Krieg ohne Verluste und Landgewinn für Nafarroas durch schiere Einschüchterung und Übermacht. Auch das Dorf Hagetmau wird von dreißig Soldaten besetzt. Die Übernahme verläuft weitgehend friedlich. Bis ein trunkender Hitzkopf zwei der Soldaten erschlägt und die Dorfbewohner Stellung beziehen müssen – in einem Krieg, der längst begonnen hat.

Das Cover verspricht eine düstere Geschichte, tatsächlich ist „Sieben Heere“ recht farbig, blutrot um genau zu sein. Der doch recht friedfertige Anfang (sofern man bei einer Besetzung durch ein feindliches Heer von friedfertig sprechen kann) schlägt mit dem Soldatenmord im Wirtshaus schnell zu einem blutigen Gemetzel um. Die Hauptakteure der Geschichte nehmen sich nun Soldat für Soldat vor und Tobias O. Meißner spart nicht an Details – sei es bei den eigentlichen Taten oder bei der Beseitigung der blutigen Überreste. Beschreibungen, die einem zartbesaiteten Leser durchaus den Magen umdrehen könnten.
Sollte die Intention des Autors gewesen sein, Kritik an Krieg jeglicher Art zu üben, ist es ihm vollauf gelungen. Auch wenn Hagetmau Weiten von unserer Welt entfernt ist, sind Gedanken und Taten der Dorfbewohner gar nicht so abwegig, die Situation und ihre Eskalation durchaus denkbar. Tatsächlich sind alle Figuren ziemlich realistisch und glaubwürdig dargestellt. Nichtsdestotrotz habe ich als Leser eine andere Erwartungshaltung, wenn ich mit einem Buch in eine fantastische Welt eintauche. Ich wünsche mir Helden und Abenteuer, keine real wirkenden, aber unsympathischen Figuren innerhalb eines blutigen Gemetzels.

Denn auch wenn die Handlungen der Soldaten und ihres Anführers ebenso nachvollziehbar sind wie die der Dorfbewohner, macht es sie doch keineswegs sympathisch. Während die Truppe Soldaten das Dorf besetzt, weil es nun mal ihr Auftrag ist, macht sich ihr Anführer Gedanken, wie er dies möglichst ohne Zwischenfälle und größeren Ärger (auf beiden Seiten) umsetzten kann. Ein löblicher Gedanke – er entspringt allerdings keinesfalls Menschenfreundlichkeit, sondern dem Gedanken, sich mit seinen effizienten und ressourcensparenden Methoden zu profilieren und schnell wieder ins Heimatland zurückkehren zu können.

Auch das Dorf, das laut Klappentext „als einzelne vom Feind besetzte Siedlung […] aus seiner Ohnmacht [erwacht]“, ist letztendlich nur ein Dorf, das den Tod von achtundzwanzig Menschen in Kauf nimmt, um der Konsequenz für den Tod zweier Soldaten zu entgehen – durchaus menschlich, aber alles andere als sympathisch. Wen wundert es da, dass sich nur wenige dieser Dorfbewohner mit den Taten die Hände schmutzig bzw. blutig machen.

Sympathien gibt es damit für den Leser nur wenige zu verteilen. Ich mag tatsächlich nur eine einzige Person. Die junge Nendleece, die zu Beginn der Geschichte die Soldaten bereits vor ihrem „Einfall“ ins Dorf entdeckt und deren Warnungen quasi ungehört verhallen. Sie verhält sich vielleicht nicht gerade altersgerecht, aber sympathisch. Letztendlich bleibt durch sie zumindest ein kleiner Teil der Geschichte vom blutigen Krieg verschont.

Für mich untermauert „Sieben Heere“ sehr gelungen die Argumente von Kriegsgegnern – wer wollte schon in der Situation der Dorfbewohner oder der Soldaten stecken? Es gibt allerdings weder wirklich sympathische Figuren noch ein hehres Ziel oder gar ein „gutes“ Ende. Dem ein oder anderen mag das gefallen – Tobias O. Meißner bringt damit definitiv Abwechslung in die übliche Fantasyliteratur – mein Fall ist es aber (nicht nur wegen der blutigen Szenen) definitiv nicht.

Falls ihr dennoch mit der Geschichte liebäugeln solltet, findet ihr hier eine Leseprobe zum Buch.

Published in: on Dezember 2, 2015 at 7:00 pm  Kommentar verfassen  
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Sturmbogen von Sebastien de Castell

sturmbogen Sebastien de Castell
Sturmbogen
Verlag: Piper
368 Seiten
Taschenbuch
ISBN-10: 3492703232
ISBN-13: 978-3492703239
16,99 €

„Sturmbogen“ ist der dritte Band von Sebastien de Castells Reihe um die Greatcoats.

Schon die Gestaltung des Bandes schließt gekonnt an die beiden Vorgänger an – auch wenn ich gestehen muss, erst mit diesem Band die Figuren auf dem Cover richtig einordnen zu können. Tatsächlich ist jeweils einer der drei Helden der Geschichte, Falcio, Kest und Brasti darauf abgebildet. Der dritte Band zeigt den Bogenschützen Brasti, der wie seine beiden Gefährten auf den vorangegangenen Bänden mit wehendem Mantel dargestellt ist. Und wie auf den vorangegangenen Covern zeigt der Mantel eine der düsteren und kriegerischen Szenen aus dem Buch.

Mit dem Tod des Königs begann sich die Ordnung des Reiches aufzulösen und wie die Greatcoats in alle Winde zu zerstreuen. Anschließend geht es auch den ersten Herzögen an den Kragen, werden einzelne Dörfer von sich ehrhaft nennenden Rittern dem Erdboden gleich gemacht. Schwer angeschlagen sind Falcio und seine Gefährten diesen Rittern auf der Spur – aber es ist nicht allein die Suche nach Gerechtigkeit, die sie bei ihrer Jagd antreibt.

Nach einer kurzen Zusammenfassung der bisherigen Ereignisse hatte ich in „Sturmbogen“ einen Start ebenso düster wie das Ende von „Hochverrat“ erwartet. Tatsächlich beginnt Sebastien de Castell „Sturmbogen“ jedoch mit einem zynischen Prolog über das tristianisches Buch „Über die Tugenden der Ritter“.

Nachdem der Leser so an die „Ehrhaftigkeit“ der tristianischen Ritter erinnert wurde, beginnt die Geschichte dort, wo sie in „Hochverrat“ geendet hat. Tatsächlich schafft es Sebastien de Castell die Helden (und den Leser) ab hier noch viel tiefer in den Abgrund zu reißen, als ich es je für möglich gehalten hätte.

Und während der Autor die Helden von einem Tiefpunkt zum nächsten führt, weichen die Fronten und Ziele immer mehr auf. Die bis dahin stets beieinander stehenden Gefährten gehen auseinander. Die herzoglichen Königsmörder sind nun die einzigen, die das Reich noch zusammen halten können. Und diese werden von geheimnisvollen Assassinen Herzog für Herzog samt Familie langsam ausgelöscht.

Und damit sind Falcio und seine Gefährten – die einzigen, die offenbar das Land vor einem Bürgerkrieg bewahren wollen – an der Grenze ihres Möglichen. Dem Tode nahe, dem Blutdurst verfallen und von Zweifeln zerfressen haben sie nicht nur mit ihren eigenen Problemen und denen des Landes zu kämpfen, sondern auch mit Verrat, der an jeder noch so ungeahnten Ecke lauern. Ein Kampf, der noch aussichtloser scheint als jeder, den sie bisher gekämpft haben. Und während sie zu Beginn ihre Kämpfe noch mit dem Mut der Gerechten zu schlagen pflegten, müssen sie nun für ihr Ziel jene schützen, gegen die sie einst kämpften.

Mit jeder Seite mehr erkennt man nun an Falcios Seite die Weitsicht (aber auch Härte) des alten Königs – und kann diese nur bewundern. So manch einer seiner Aufträge – und selbst sein Tod – ergibt nun einen Sinn. Und der ein oder andere dieser zu Beginn noch unbekannten Aufträge ist es, der der Geschichte immer wieder eine ungeahnte Wendung zu verleiht.

Mit dem Ende des Buches hat Sebastien de Castell die losen Fäden zu einer wirklich rundum gelungenen Geschichte geknüpft; Andeutungen, Rückblicke und Gedanken aufgelöst und Falcios Quest zu einem Ende geführt. Mich hat der Autor damit schon an ein sehr gelungenes und abgeschlossenes Ende der Reihe glauben lassen. Nach einer kurzen Internetrecherche wurde ich allerdings eines besseren belehrt: Der Nachfolger, der im Original mit dem Titel „Saint’s Blood“ erscheint, ist bereits für April 2016 angekündigt – ich hoffe, die Übersetzung lässt auch nicht viel länger auf sich warten, ich bin nämlich wirklich gespannt, wie er die Geschichte weiterspinnen wird.

Hier könnt ihr selbst einen Blick ins Buch werfen (den Prolog kann man auch ohne Vorkenntnisse der Reihe genießen).

Published in: on Oktober 21, 2015 at 12:30 pm  Kommentar verfassen  
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Der geheime Name von Daniela Winterfeld

dergeheimename Daniela Winterfeld
Der geheime Name
Verlag: Knaur
528 Seiten
Taschenbuch
ISBN-10: 3426511274
ISBN-13: 978-3426511275
12,99 €

Das Cover des Buches zeigt die Spiegelung eines goldenen Blattes vor tiefschwarzem Hintergrund. Ein einfaches Cover, dass es doch irgendwie schafft, den Blick des Betrachters auf sich zu lenken und zumindest mich zum Buch hat greifen lassen. Tatsächlich ist es nicht nur hübsch anzusehen sondern passt sogar zur Geschichte – wenn auch nicht direkt auf den ersten Blick.

Seit sie denken kann ist Fina mit ihrer Mutter auf der Flucht. Angeblich fliehen sie vor Finas gewalttätigen Vater. Spätestens als Fina ihre Mutter vor dem nächsten plötzlichen Umzug mit ihrem Vater erwischt ist ihr klar, dass hier etwas faul ist. Spontan beschließt sie der stetigen Flucht und den Lügen ihrer Eltern zu entfliehen – zu ihrer Großmutter in die Lüneburger Heide. Unwissentlich begibt sie sich damit genau an den Ort, an dem die wahre Geschichte begann.

Wer kennt sie nicht die Geschichte vom Rumpelstilzchen und der Müllerstochter, die er lehrte Stroh zu Gold zu spinnen? Laut Daniela Winterfeld war er nicht der einzige seiner Art. Und wie bei Rumpelstilzchen und der Müllerstocher wird auch das Wesen in dieser Geschichte um seinen Lohn betrogen. Neben dem geheimen Namen des Wesens sind das die einzigen Gemeinsamkeiten, die „Der geheime Name“ mit dem altbekannten Märchen „Rumpelstilzchen“ hat.

Die Protagonisten ist nicht etwa die Müllerstochter, sondern deren Kind. Und der geheime Name des Wesens lautet auch nicht Rumpelstilzchen – das hätter Finas Mutter einiges an Ärger erspart. So ist sie nun seit nunmehr neunzehn Jahren mit ihrer Tochter auf der Flucht, während der Geheime seine Pläne schmiedet. Plänen, denen Fina in die Hand spielt, als sie Hals über Kopf zu ihrer Großmutter an den Rand des Moores zieht, in der ihre Mutter einst den Pakt mit dem Geheimen schloss.

Sein Gehilfe ist der Junge, den Finas Mutter an Finas Stelle ins Moor brachte: Mora. Ohne jemand anderen als den Geheimen zu kennen dient und leidet er schon seit Jahren unter dem Wesen. Nun soll er ihm bei der Erfüllung seiner Pläne helfen. Die Begegnung zwischen Mora und Fina ist dabei nur der erste Schritt.

Anders als der Leser rechnet der Geheime nicht mit den Gefühlen, die sich auf den folgenden Seiten langsam zwischen Mora und Fina entwickeln. Eine gegenseitige Faszination, der sich auch der Leser nicht entziehen kann. Und genau diese Beziehung ist es, die die Geschichte (und das Märchen) zum Leben erweckt. Anders als im Originalmärchen ist das Wesen, das auf die Erfüllung des Paktes drängt nicht besiegt. Grausam drängt es auf die Erfüllung des Pakts – ein Drängen das man zu einem gewissen Grad auch nachvollziehen kann. Die Vorgehensweise des Wesens lassen jedoch schnell eventuelle Sympathien des Lesers verschwinden. Nichtsdestotrotz ist „Der geheime Name“ längst nicht so Schwarz-Weiß wie das eigentliche Märchen.

Finas Mutter hatte (wie auch im Originalmärchen die Müllerstochter) einen guten Grund für den Bruch des Paktes – auch wenn sie die getroffene Entscheidung noch jahrelang verfolgt. Aber auch der Geheime hat den Pakt nicht aus Böswilligkeit geschlossen, auch wenn er Finas Familie und auch Mora bösartig schikaniert. Jede der Figuren hat seine eigenen Facetten – und auch wenn man sie nicht alle mögen kann (und sollte) kann man ihr Verhalten durchgängig nachvollziehen.

Die Szenerie der Geschichte könnte – sobald man im Moor angelangt ist – einem alten Grimms Märchen entsprungen sein. Düster und schaurig sind Finas erste Begegnungen mit dem Moor und auch dem Leser läuft beim Lesen schnell ein Schauer über den Rücken. Ich hätte nach dem Lesen der Geschichte jedenfalls nicht gewagt bei Dunkelheit in ein solches zu wandern.

Das Ende ist (wie es sich für ein Märchen gehört) ein Gutes – zumindest für die menschlichen Protagonisten. Vielleicht ist es sogar eines der Enden, die mit „und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ endet – ganz so weit geht die Autorin hier nicht, als Leser kann man es sich aber sehr gut vorstellen. Mit allen Mitteln, die in der modernen Welt und in dem alten Märchen gegeben sind, sind die Weichen dafür jedenfalls gut gestellt.

Mir hat die stimmungsvolle Neuadaption des alten Märchens wirklich gut gefallen. Wenn ihr auch einen Blick hineinwerfen wollt findet ihr hier eine kleine Leseprobe.

Published in: on Juni 25, 2015 at 12:30 pm  Comments (1)  
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[Blick über den Tellerrand] Der Geschmack von Wasser von Emmi Itäranta

„Der Geschmack von Wasser“ ist kein Fantasy, sondern eine klassische Dystopie, die komplett ohne magische Elemente auskommt. Allerdings eine ungewöhnliche Dystopie. die mehr als nur einen kurzen Blick wert ist. Und damit gibt es heute mal wieder eine Rezension unter der Kategorie „Blick über den Tellerrand“ – nicht, dass wir komplett im fantastischen Genre hängen bleiben ;-).

dergeschmackvonwasser Emmi Itäranta
Der Geschmack von Wasser
Verlag: dtv
340 Seiten
Hardcover
ISBN-10: 3423650095
ISBN-13: 978-3423650090
14,95 €

Das Cover des Buches zeigt eine hölzerne Wand (oder Tür), die mit einem blauen Kreis bemalt wurde. Eine Darstellung, die sich auf eine ungewöhnliche Art von den typischen Coverdarstellungen abhebt – und eine Darstellung mit eindeutigem Bezug zum Buch. Was dieses Symbol bedeutet, wird dem Leser im Verlauf der Geschichte deutlich. Ich finde die Wahl des Covers damit ziemlich gelungen, auch wenn ich nicht weiß, ob ich ohne Empfehlung aufgrund des Covers oder des Titels zu dem Buch gegriffen hätte.

Im Gegensatz zu den meisten Bewohnern ihres Dorfes leidet Noria nicht unter dem Mangel an Wasser. Eine geheime Quelle versorgt sie und ihre Familie mit Wasser – und macht den Tee ihres Vaters zu etwas Besonderem. Als geachteter traditioneller Teemeister geriet Norias Vater nie ins Visier des Militärs. Bis ein neuer Kommandeur das Kommando über das Dorf übernimmt, die Traditionen der Teemeister mit Füßen tritt und Norias Familie genau beobachtet. Und das zu Zeiten, wo das ganze Dorf inklusive Norias beste Freundin Sanja immer mehr unter der aktuellen Wassernot zu leiden beginnt und schlechtes Wasser immer mehr Menschen an den Rande des Todes bringt.

Es ist eine harte Welt, in der Noria lebt – auch wenn sie als Tochter des örtlichen Teemeisters nur wenig darunter leidet. Tatsächlich macht sie sich vermutlich nicht mal Gedanken über den Mangel an Wasser – auch wenn sie ihrer Freundin über Aufträge immer wieder welches zukommen lässt. Ihr Vater bildet sie in die Kunst der Teemeister aus: Das Ausführen von Teezeremonien und die Gedanken, die hinter diesen Zeremonien stecken. Traditionen und Zeremonien, die an das Japanische erinnern. Noria und ihren Vater lassen sie bei den Gedanken und Taten um die Zeremonien weise und ausgeglichen wirken. Der Bruch mit den Regeln der Zeremonien durch den neuen Kommandeur Taro zerstört die Ruhe und Gelassenheit – und das ist erst der Beginn seiner Mission.

Im weiteren Verlauf des Buches beginnt auch die vorher eher sorglose Noria sich Gedanken und Sorgen zu machen: Vor allem um ihre Eltern, aber auch um ihre Freundin Sanja und später sogar um die anderen Bewohner des Dorfes. Während die Traditionen, die ihr bisheriges Leben bestimmt haben, zu zerbrechen beginnen, muss sich Noria entscheiden: Zwischen Tradition und Mitgefühl, Angst und Hoffnung. Hoffnung, die durch Sanjas und Norias Deponiefunde über eine verbotene Mission genährt wird.

In Emmi Itärantas Geschichte gibt es keine Schlachten und Kämpfe mit den herrschenden Mächten. Der Widerstand ist klein und heimlich: Das Wahren alter Traditionen, die Suche nach verbotenem Wissen und das Hüten einer uralten Quelle. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Noria, ihre Gedanken und Entscheidungen und deren Folgen. Damit ist „Der Geschmack von Wasser“ ziemlich philosophisch. Die um Noria schwebende Bedrohung durch das Militär ist stets präsent und hält die Geschichte trotz der Ruhe, die sie ausstrahlt spannend, auch wenn Gewalt und Gleichgültigkeit ziemlich einseitig vorherrschen.

Emmi Itärants Buch ist weder actionlastig noch romantisch. Sie lässt den Leser eher wie in einer Teezeremonie innehalten und nachdenken – vielleicht auch über den eigenen Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde. Das Ende der Geschichte ist – wie ein Großteil des Buches – ziemlich melancholisch, wenn auch nicht ohne Hoffnung. Sehr passend für eine Dystopie, auch wenn die Geschichte selbst eher ungewöhnlich ist.

Insgesamt ist „Der Geschmack von Wasser“ vermutlich nicht jedermanns Geschmack, keine Mainstream-Dystopie, die Bestseller-Listen anführt, aber ein Buch, das nachhallt.
Es ist keine pure Unterhaltung – wer diese möchte, sollte ein anderes Buch wählen – sondern eine Geschichte zum Nachdenken, eine ziemlich gute sogar.

Wenn ihr es mal mit ihr versuchen wollt findet ihr hier eine Leseprobe.

Published in: on Juni 15, 2015 at 12:30 pm  Comments (1)  
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Die Teppichvölker von Terry Pratchett

teppichvölker Terry Pratchett
Die Teppichvölker
Verlag: Piper Verlag
288 Seiten
Hardcover
ISBN-10: 3492703380
ISBN-13: 978-3492703383
19,99 €

Die erste Auflage des Romans erschien 1971 unter dem Titel „The Carpet People“. 1991 überarbeitete Terry Pratchett die ursprüngliche Version seines Romans zu der aktuellen Ausgabe, die der Piper Verlag nun, als vom Autor höchst selbst illustrierte Sonderausgabe, noch einmal neu herausgebracht hat.

Das Cover der Sonderausgabe ziert eine dieser Illustrationen: Eine versteinerte Statue, an der vermutlich der Held der Geschichte, Snibril, hängt. Es lässt sich darüber streiten ob die Illustration nun wirklich anziehend ist, aber als Zeichnung aus der Feder des Autors, die einen Bezug zur Geschichte hat, ist sie definitiv passend. Und bei dem Namen des Autors ist die Covergestaltung vermutlich eher nebensächlich.

Was, wenn sich unter Fuseln und Staub auf dem Teppich noch weit mehr befindet? Eine Zivilisation, deren Hauptstadt nicht größer als ein Stecknadelkopf ist? Was wäre das für ein Volk? Wie lebt es und mit welchen Schwierigkeiten hat es zu kämpfen?

Mit Seitenhieben auf die tatsächliche und auf so manche fantastische Welt erzählt Terry Pratchett die Geschichte vom Volk der Munrungs, speziell die der beiden Hauptlingssöhne Snibril und Glurk. Als ihr Dorf zerstört wird, beschließen die Munrugs sich einen neue Heimat zu suchen – wer würde hier von einer Flucht sprechen? Die Munrungs jedenfalls nicht (es war eh‘ an der Zeit weiterzuziehen).

Auf ihrer Reise treffen sie weitere Völker (oder Vertreter der selbigen), Teppichbewohner mit unterschiedlichen Vorstellungen von Ordnung, Recht und Gesetz. Es gilt Abenteuer zu bestehen, alte mythische Wesen zu bekämpfen und nebenher die Bedrohung aufzuhalten, die das ganze Teppichvolk bedroht.

Dem Inhalt nach klingt „Die Teppichvölker“ nach einem mehr oder weniger klassischen Fantasyroman, so gesehen ist es das auch. Die vielen Seitenhiebe, manchmal gut versteckt, manchmal recht offensichtlich und Bezüge zu den Welten jenseits des Teppichs – egal ob im übertragenen oder tatsächlichen Sinne (so manches Überbleibsel aus der Menschenwelt spielt in der Teppichwelt eine wichtige Rolle – ein abgebranntes Streichholz zum Beispiel) machen die Geschichte dennoch zu einem besonderen Lesegenuß.
Die Überraschungen finden sich hier eben nicht im Plot sondern in kleinen Details am Rande der Geschichte.

Die Figuren als solche sind natürlich längst nicht so detailliert und facettenreich, wie es der Leser von Pratchetts späteren Scheibenweltromane gewöhnt ist, nichtsdestotrotz kann man sich eine jede einzelne ziemlich gut vorstellen. Die klischeehaften Charakterzeichnungen und die ungewöhnliche Darstellung (in Wort und Bild) vermitteln den Leser einen guten Eindruck von jeder Einzelnen.

Insgesamt eine nette und sich im Bücherregal recht gut machende Erweiterung der Pratchett-Sammlung. Wer die ursprüngliche Version der Geschichte kennt, wird in dem Buch nicht viel neues Lesen. Dafür hat er die Gelegenheit, einen Blick auf den Ursprung der Teppichvölker zu werfen, die in den Wochen vor Weihnachten 1965 ihr Debüt als Fortsetzungsgeschichte bei der Lokalzeitung Bucks Free Press gaben. Außerdem werden die Teppichvölker in diesem Buch von vielen Zeichnungen des Autors beleuchtet, eine schöne Möglichkeit in die Vorstellungswelt des Autors einzutauschen, auch wenn man sich die unterschiedlichen Wesen selbst vielleicht ganz anders vorstellen würde.
Dem Leser, dem es „nur“ um die Geschichte selbst geht, dem reicht sicherlich auch die einfache Taschenbuchausgabe. Und zumindest in diese sollte man durchaus mal einen Blick werfen – mir hat dieser Blick gereicht, um auch das restliche Buch im Nu zu verschlingen.

Den Anfang der Geschichte findet ihr hier.

Published in: on Juni 3, 2015 at 12:30 pm  Kommentar verfassen  
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Phoenix – Tochter der Asche von Ann-Kathrin Karschnick

phoenixtochterderasche Ann-Kathrin Karschnick
Phoenix – Tochter der Asche
Verlag: Papierverzierer
400 Seiten
Taschenbuch
ISBN-10: 3944544501
ISBN-13: 978-3944544502
14,95 €

Schon die Aufmachung des Buches ist etwas Besonderes: Den Buchschnitt ziert eine große orangen Feder. Das Cover selbst zeigt eine geflügelte Frau, die (für die Geschichte nicht sehr zeitgemäß) mit einem Messer bewaffnet auf die verlassen wirkenden Häuser einer von dunklen Wolken umgebende Stadt hinunterblickt. Ich vermute, es handelt sich dabei um die Hauptperson der Geschichte, den Phoenix Tavi.

Seelenlos werden sie genannt, jene übersinnliche Wesen wie Hexen, Dämonen oder Phoenixe wie Tavi. Seit einem fehlgeschlagenen Experiment Anfang des 20. Jahrhunderts werden sie von den herrschenden Mächten, dem Saiwalo, gnadenlos gejagt und vernichtet.

Als Hamburg von einer Mordserie erschüttert wird, ist der Kontinentalarmee schnell klar, wer dahintersteckt: Seelenlose. Aber als der leitende Ermittler Leon bei seiner Suche auf den Phoenix Tavi trifft muss er anfangen, seine Überzeugungen zu überdenken. Warum nur scheint die Seelenlose ebenso wie er an der Aufklärung der Mordreihe interessiert zu sein?

Es ist eine ziemlich interessante Genremischung, die Ann-Kathrin Karschnick ihren Lesern in „Phönix – Tochter der Asche“ bietet: Das Setting ist eine parallele Welt, die sich spätestens Anfang des 20. Jahrhunderts von der unseren zu unterscheiden beginn, auch wenn die Handlungsorte dem Leser durchaus bekannt sein sollten. Das Buch ist aber auch eine Dystopie, spielt es doch ein paar Jahrzehnte in der Zukunft. Magie und Wissenschaft spielen hier Hand in Hand. Teslaenergie versorgt fliegende Drohnen, während Geistseher mit ihren mythischen Kräften im Auftrag der Saiwalo Jagd auf magische Wesen jeglicher Art machen. Wesen, die ihren Ursprung in den Menschen haben, starke Gefühle zum Zeitpunkt des Todes entscheiden über eine Auferstehung als magisches Wesen.

Damit ist schon der Hintergrund des Buches ziemlich einzigartig und überaus faszinierend. Ein Hintergrund, der die Gedanken des Lesers auch mal von den Hauptdarstellern abschweifen und kreisen lässt und den Wunsch weckt, mehr über die Vergangenheit dieser Welt und den Personen die darin leben zu erfahren. Und ein paar Leckerbissen dieser Art sind tatsächlich gekonnt in die Geschichte eingewebt.

Nicht nur der Hintergrund der Welt ist bis ins letzte Detail ausgearbeitet, auch die Figuren sind sehr facettenreich dargestellt – allen voran natürlich Tavi, die aufgrund ihres Alters auf einige Erlebnisse und Erfahrungen zurückgreifen kann. Aber auch ihr junger Schützling Nathan ist als junger Teenager, der seine Macht und die Gefahr, die damit einhergeht, noch nicht wirklich verstehen kann, ebenso detailliert dargestellt wie der Soldat Leon, dessen Mutter ihn in die Jagd auf Seelenlose
eingeführt hat. Jeder von ihnen muss seinen Weg in der Welt finden – und viele der kleinen Ereignisse, die die Autorin schildert, führen sie in die eine oder andere Richtung.

Die Geschichte ist damit ziemlich emotional, nicht nur wegen der schon durch den Klappentext vorhersehbaren Liebesgeschichte – diese macht tatsächlich nur einen Teil des Buches aus. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf den unausgeglichenen Kampf zwischen Seelenlosen und Saiwalo und der Aufklärung der Mordreihe. Eine Mordreihe, die ebenso in diesen Kampf verwickelt ist wie Tavis Vergangenheit.

„Phoenix – Tochter der Asche“ ist damit ebenso komplex wie die Genres, die Ann-Kathrin Karschnik darin vermischt hat. Eine Geschichte, die viel zu bieten hat: Spannung und Action in Form von Verfolgungsjagden, Versteckspielen und Kämpfen, die Suche nach Puzzlestücken, um auf die Spur des Mörders zu kommen und die wachsenden und sich verändernden Verbindungen zwischen den einzelnen Charakteren.

Mit dem Ende des Buches ist die Mordreihe aufgeklärt, die Geschichte von Tavi und Leon – und vielleicht auch die von Nathan – hat damit jedoch gerade erst begonnen. Ich bin gespannt, wie die Autorin sie in „Phoenix – Erbe des Feuers“ fortführen wird.

Die ersten Seiten dieses Bandes findet ihr hier.

Published in: on Mai 26, 2015 at 12:30 pm  Kommentar verfassen  
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Naris – Die Legende von Mond und Sonne von Lucy Hounsom

naris Lucy Hounsom
Naris – Die Legende von Mond und Sonne
Verlag: Piper Verlag
528 Seiten
Taschenbuch
ISBN-10: 3492703488
ISBN-13: 978-3492703482
16,99 €

Das Cover des Buches zeigt eine junge Rothaarige, die von einem von dunklen Wolken umgebenden Hügel auf ein von Sonnenlicht erhelltes Tal hinabblickt. Ob es die junge Kyndra ist, die von dort einen Blick auf ihre Zukunft erhascht?

Die Zeremonie, die die jungen Menschen des Dorfes in die Gemeinschaft aufnimmt, ist mehr als bloß eine alte Tradition. Ein Artefakt zeigt den jungen Menschen, was ihnen die Zukunft bringen wird. Als es an Kyndra ist, ihr Schicksal zu erfahren, zerbricht das Artefakt und Kyndras Welt liegt in Scherben. Gehasst von den Menschen, unter denen sie aufgewachsen ist, bleibt ihr nur eines: Die Flucht. Gerettet von zwei merkwürdigen Fremden begibt sie sich auf eine lange Reise um zu erfahren, was ihr das Schicksal bestimmt hat. Und mit dem, was sie zu sehen bekommt, hätte sie nie gerechnet.

Kyndra ist eine interessante Hauptperson. Sie ist nicht unbedingt jemand, den man mit der ersten Begegnung gern hat, dafür jemand, den man wirklich gut verstehen kann. Sie ist weder perfekt, noch die geborene Heldin, sondern einfach die uneheliche Tochter der Dorfwirtin, die mit den Ereignissen völlig überfordert ist – und entsprechend reagiert: Mit Trotz, Wut und regelmäßiger Unvernunft und Naivität. Eine Figur, die damit ziemlich authentisch ist.

Das, was man von den anfänglich Fremden weiß, ist nicht viel. Sie sind magisch begabt und geheimnisvoll. Warum sie Kyndra gerettet haben ist anfangs ebenso unklar wie ihr Ziel. Ein Ziel, das trotz der hohen Entfernung schnellstmöglich erreicht werden muss. Trotz der großen Strecke, die Kyndra dadurch an der Seite ihrer neuen Gefährten Bregenne und Nediah hinter sich bringt, erfährt man allerdings recht wenig über die Welt, die sie durchqueren. Die durchreisten Städte dienen hauptsächlich der Nahrungsbeschaffung und zum Vorantreiben des Plots und selbst die Luftschiffe, die den Luftraum der Welt durchkreuzen werden zwar genutzt, aber nicht wirklich detailliert beschrieben. Ich bin kein Freund langatmiger Beschreibungen, hier hätten mir ein paar Details mehr aber durchaus gefallen.

Der Hauptteil der Geschichte spielt an dem Ort, an den Bregenne und Nedia Kyndra bringen: Naris. Der Ort, an dem Menschen wie sie leben und lernen. Bregenne ist sich sicher, dass Kyndra ebenso wie sie dorthin gehört. Eine Meinung, mit der sie ziemlich allein dasteht und die Kyndra in Lebensgefahr bringt.

Beziehungen und Gefühle spielen in „Naris – Die Legende von Mond und Sonne“ eine wichtige Rolle, sie sind die Motive, die die Menschen vorantreiben. Sei es nun Kyndra, ihre beiden Gefährten oder die Menschen, die in Naris ihren Intrigen und Ränken nachgehen. Gefühle, die ich zwischen den einzelnen Seiten nur begrenzt spüren konnte. Als Leser weiß man von ihnen, kann sie aber nicht mit fühlen. Einzig bei Bregenne und Nediah bekommt man im Verlauf des Buches einen leichten Hauch ihrer Gefühle zu spüren – und das vermutlich nur, weil diese den Leser eigentlich umreißen müssten.

Der Plot und die Handlungsstränge sind gut durchdacht. Als Leser bekommt man trotz Perspektivwechsel und Kyndras Visionen nur langsam hinter das Geschehen, das sich Teilchen für Teilchen zusammensetzt und zum Ende hin tatsächlich ganz auflöst. Die Geschichte ist damit noch nicht vorbei, das recht abgeschlossene Ende allerdings eine Wohltat unter den ganzen Cliffhangern und offenen Enden der meisten anderen Bücher.

Trotzdem konnte mich die Geschichte nicht wirklich in ihren Bann ziehen, vermutlich fehlte es mir einfach an Tiefe. Der Plot ist interessant und schlüssig, die Handlungen der meisten Figuren nachvollziehbar. Dennoch sprang bei mir der Funke einfach nicht über, sind weder Welt noch Gefühle durch die Buchseiten zu mir durchgedrungen. Einen weiteren Band würde ich nur wegen Bregenne und Nediah lesen – wenn ich wüsste, dass sie in diesem noch eine wichtige Rolle spielen (ich befürchte allerdings, dass dies nicht der Fall sein wird).

Hier könnt ihr selbst einen Blick ins Buch werfen, vielleicht kann es euch ja mehr überzeugen als mich?

Published in: on Mai 11, 2015 at 8:34 am  Comments (1)  
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Der Triumph der Zwerge von Markus Heitz

triumphderzwerge Markus Heitz
Der Triumph der Zwerge
Verlag: Piper Verlag
656 Seiten
Taschenbuch
ISBN-10: 3492703518
ISBN-13: 978-3492703512
16,99 €

„Der Triumph der Zwerge“ ist der fünfte Band der Zwerge-Reihe von Markus Heitz. Chronologisch schließt er sich an den letzten Teil der Albae-Reihe an.

Die letzten Schlachten scheinen geschlagen, die Herrscher von Elfen, Menschen und Zwergen sind friedlich im Gespräch vereint. Und doch liegt Düsternis über dem Bündnis. Eine Vielzahl von Elben strömt aus allen Richtungen ins Geborgene Land, ein kleines Mädchen gewinnt die Zuneigung der Monarchen und weit mehr Einfluss, als es eigentlich möglich sein sollte. Und wieder einmal sind es die Zwerge, die zwischen all dem stehen. Misstrauisch beäugen sie die Entwicklung bei Elben und Menschen, während sie sich gleichzeitig fragen, ob der gerade aus der Unterwelt entkommende Zwerg wirklich der lang vermisste Tungdil ist – gerade jetzt könnten sie ihn mehr denn je gebrauchen.

Es empfiehlt sich, die vorangegangen Zwerge- und Albae-Bände gelesen zu haben, bevor man mit „Triumph der Zwerge“ beginnt. Ansonsten könnte man (wie ich) fälschlicherweise einige Figuren für wichtig erachten, die nur wenige Seiten später schon ihren Göttern überantwortet werden – mich hat das tatsächlich ein wenig geärgert. Ansonsten liefert Markus Heitz dem Leser jedoch alle für die Geschichte benötigten Informationen. In Nebensätzen und Gedanken von Figuren wird der Leser mit allem für die Geschichte Wichtigem (und sogar ein bisschen darüber hinaus) versorgt. Die Bindung zu den einzelnen Figuren ist nicht so groß, wie sie nach dem Lesen von vier oder mehr vorangegangenen Büchern wäre, aber starkt genug, um den Leser schnell in die Geschichte hineinzuziehen und mit Zwergen, Elfen, Menschen und sogar Albae über die nächsten Schritte der Völker und einzelnen Figuren nachzudenken. Der Schwerpunkt des Buches liegt natürlich auf den Zwergen, aber auch in den anderen Völkern findet sich sympathische Figuren – auch wenn man im Nachhinein doch so manche Sympathie überdenken muss.

Tatsächlich schafft es Markus Heitz den Leser immer wieder zu überraschen, oft sind die Überraschungen – wie das ganze Buch an sich – jedoch ziemlich düster. Die Grenze zwischen Freund und Feind, Feind oder Verbündeter ist fließend. So manches Zweckbündnis erweist sich als stabiler als eine sicher wirkende Freundschaft. Und heimliche Ränke und Intrigen stehen durchgängig auf der Tagesordnung, auch wenn man sie hinter dem Schlachtgetümmel und den Kämpfen leicht übersieht.

Grundsätzlich ist die Stimmung im Buch ziemlich düster – und das, obwohl die Völker erst seit kurzem friedlich vereint sind. Eine dunkle Macht zerrt von innen und außen am Bündnis, und das Vertrauen zwischen den Völkern ist noch nicht gefestigt genug, um dieser gemeinsam standzuhalten. Kein Wunder, dass die Zwerge misstrauisch werden, als es heißt, nur sie könnten die Dunkelheit vom Land abwenden. Wenn man sich das Verhalten von Menschen und Elben anschaut, hat man jedoch zumindest als Leser das Gefühl, dass dies durchaus zutreffen könnte: Einzig die Zwerge in ihrem Starrsinn scheinen vor Einflüssen von jeglicher Seite gefeiht zu sein.

Wenn man den Hinweisen des Autoren nachgeht merkt man, dass dieser einige Fäden aus anderen Büchern zusammenführt, vielleicht kann der aufmerksame Leser selbiger sogar schon früher einiges erahnen, was sonst überrascht. Ob die Fäden mit den letzten Seiten gelungen zusammen geführt werden vermag ich (ob meiner Unkenntnis, was die Vorgängerbände angeht) nicht zu sagen. Der Autor lässt mit dem Ende des Buches jedoch definitiv noch genug offen, um die Geschichte fortführen zu können, auch wenn das Ende an sich tatsächlich ein Triumph für die Zwerge und damit ein würdiger Abschluss ist.

Wer Zwerge in ihrer typischen kämpferischen, raubeinigen und zwergisch-humorvollen Art mag, wird seine Freude an dem Buch haben können. Es macht eben einfach Spass ihnen bei Kämpfen, Bier und Witzen zur Seite zu stehen. Ein Spass, der sich mit einem erneuten Wiedersehen allerdings deutlich potenzieren würde. Und damit würde ich das Buch – auch wenn man es durchaus ohne Vorkenntnisse lesen kann – nur denen empfehlen, die zumindest die vorangegangenen Zwerge-Bände gelesen haben. Alle anderen können einfach mit „Die Zwerge“ in die Reihe eintauchen und sich bei Gefallen dann mit zeitlicher Verzögerung an diesen Band wagen.

Published in: on Februar 16, 2015 at 9:00 am  Comments (1)  
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Das Herz im Glas von Katharina V. Haderer

dasherzimglas Katharina V. Haderer
Das Herz im Glas
540 Seiten
Ebook
ASIN: B00L4IB6SW
5,99 €

Das Cover des Buches zeigt genau das, was der Titel verspricht: Ein Herz in einem Glas – einem Einmachglas, um genau zu sein. Eingelegt in eine zum Glück nicht näher definierte Flüssigkeit nimmt das Herz leuchtend das Zentrum des Covers ein. Was die Meise auf dem Glas zu suchen hat, kann ich nicht sagen – ich wüsste auch nicht, dass sich im Verlauf des Buches ein Vogel darauf niedergelassen hätte. Es ist ein ziemlich interessantes Cover, das mich allerdings nicht zum Griff zum Buch verleiten würde. Die Leseprobe hingegen hat mich völlig in den Bann geschlagen und dann doch das ganze Buch verschlingen lassen.

Ein menschliches Herz, dem Eigentümer aus der Brust geschnitten, um die darin wohnende Magie nutzen zu können, entschwindet den Tätern, um dann in die Hände einer Prinzessin ohne Königreich zu gelangen. Sie erkennt den menschlichen Ursprung und beschließt, die Täter zu finden und aufzuhalten. An der Seite ihrer Brüder macht sie sich auf zur Stadt der Sünde, Terra Talioni. Dem Ort, an dem sie am ehesten etwas über die Herkunft des Herzens erfahren kann. Ein Ort voller Geheimnisse, Intrigen und Gefahren. Ein Ort, der sie mit jedem Schritt hinein tiefer in die Dunkelheit reißt.

„Das Herz im Glas“ ist keine Geschichte für zartbesaitete Leser, solche hätten sich aber vermutlich auch schon vom Cover abschrecken lassen. Spätestens der Prolog lässt einen dann die ganze Härte spüren – die Entnahme des titelgebenden Herzens wird sehr detailliert beschrieben.

Was nach der Entnahme geschieht, ist von den Tätern nicht geplant und das Herz gerät eher zufällig in die Hände von Prinzessin Aenne. Eine Tatsache, die der „rechtmäßige“ Besitzer schnellstens ungeschehen machen möchte. Dass Aenne eben jenen finden möchte, bringt sie daher in höchste Gefahr. Ein gedungener Mörder, geflüsterte Warnungen und Tod führen den Leser an Aennes Seite bis ins Zentrum der Stadt, bis in den Tempel der Göttin Epena.

Die wenigsten Menschen, die man im Verlauf des Buches kennen lernt, sind das, was sie zu sein scheinen. Nicht einmal Profession und Status sind auf den ersten Blick zu erkennen – und weiß man dieses, hat man doch nicht die geringste Ahnung, was sich hinter der offensichtlichen Person verbirgt. Einzig bei den Hauptfiguren weiß man, woran man ist – und selbst diese haben ihre kleinen Geheimnisse und Probleme.

Und so kommt es, dass sich Aenne immer mehr im Ränkespiel des obersten Priesters der Epenai verstrickt, während ihr Bruder Caedes begleitet von den geflüsterten Warnungen einer Sklavin bis in die tiefsten Abgründe der Stadt vordringt. Abgründe, die weit gefährlicheres zu bieten haben als die Drachen, denen er sonst im Kampf begegnet. Und doch ist das Leben auf der Tanzfläche der Cousine des örtlichen Herrschers für ihn weitaus gefährlicher als die Abwasserkanäle der Stadt.

An der Seite der beiden kommt der Leser dem Ziel nur langsam näher, während die Gefahren stetig zunehmen, sich der Kreis ihrer Freunde lichtet und der eigene Tod immer näher rückt. Eine Tatsache, die nicht nur den Hauptfiguren das Herz bis zum Hals schlagen lässt.

Mit dem Ende kommt auch die Auflösung des Geschehens – eine Auflösung, mit der ich nicht im geringsten gerechnet hätte. Wie schon im ganzen restlichen Buch ist nichts wie es scheint. Und auch, wenn mit der letzten Seite einiges geklärt ist, gibt es für niemanden ein wirklich glückliches Ende. Denn in „Das Herz im Glas“ bedeutet das Richtige tun, nicht automatisch ein vom Glück gesegnetes Heldenleben – auch wenn bösen Taten nicht ungestraft bleiben.

Tatsächlich wimmelt es im Buch nur so von Grautönen, warum sollte das Ende also rosarot sein? Es ist eine ungewöhnliche Geschichte, die den Leser auf falsche Fährten lockt, die Helden in tödliche Gefahren schickt und nicht unversehrt – manchmal sogar gar nicht – zurück kehren lässt. Ein Buch, das auch vor der dunklen Seite keinen Halt macht (nicht einmal bei den Hauptfiguren) und damit dem Leser nicht nur durchgängige Spannung verschafft, sondern ihn auch immer wieder zu überraschen vermag. Mir hat es Spass gemacht, Aennes Quest beizuwohnen – und einem weiteren Ausflug in ihre Welt wäre ich ganz sicher nicht abgeneigt.

Published in: on Februar 12, 2015 at 12:30 pm  Kommentar verfassen  
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Die Bestimmung – Fours Geschichte von Veronica Roth

Die Bestimmung Fours Geschichte von Veronica Roth Veronica Roth
Die Bestimmung – Fours Geschichte
Verlag: cbt
320 Seiten
Taschenbuch
ISBN-10: 3570163636
ISBN-13: 978-3570163634
14,99 €

In „Fours Geschichte“ nimmt Veronica Roth den Leser noch einmal mit in die Welt aus „Die Bestimmung“. Sie bietet den Lesern damit die Möglichkeit, den männlichen Protagonisten Four besser kennen zu lernen und einige der bekannten Szenen aus seinen Augen noch einmal zu erleben.

Wer „Die Bestimmung“ gelesen (oder den Film zum Buch gesehen) hat, wird schon beim Cover des Buches an Four denken. Das Riesenrad ist ein gutes Symbol für ihn und spielt in dem Buch, in dem man ihn kennen lernt, durchaus seine Rolle. Warum das Riesenrad brennt und über der Stadt schwebt, kann ich wirklich nicht sagen, vermutlich fand der Gestalter einfach, dass es gut aussieht – meiner Meinung nach hat er damit eindeutig Recht.

Das Buch beginnt mit vier längeren Kurzgeschichten von jeweils gut siebzig Seiten. „Der Fraktionswechsler“, „Der Initiant“, „Der Sohn“ und „Der Verräter“ sind chronologisch angeordnet, beginnend mit Fours Initation und seinen Gründen, sich für die Ferox zu entscheiden. Für mich waren die ersten drei Geschichten die Highlights des Buches, aber auch die letzte der vier hat durchaus noch etwas Charme.

Ich mochte Four schon in „Die Bestimmung“ sehr gerne und habe es daher sehr genossen mehr über ihn zu erfahren, an seiner Seite nochmal in die Geschichte aus „Die Bestimmung“ eintauchen zu können und dabei das ein oder andere bisher unbekannte Detail zu erfahren. Es ist eben einfach etwas anderes, von Gerüchten um Fours Vater zu wissen, als zu lesen, wie er Four nun wirklich behandelt hat. Und auch Erics und Fours gegenseitige Abneigung lässt sich nach der Lektüre um einiges besser verstehen – auch wenn sie zumindest an meinen Gefühlen nichts geändert hat.

Im Anschluss an diese vier Kurzgeschichten hat das Buch noch ein paar wirklich kurze Geschichten zu bieten. Sie umfassen jeweils nur ein paar Seiten und waren für mich damit eher kurze Spotlights als eigenständige Geschichten. Dadurch, dass sie sich chronologisch nicht mehr an die vorherigen Geschichten anschließen, können sie den Leser allerdings etwas durcheinanderbringen – selbst, wenn man den eigentlichen Verlauf bereits aus „Die Bestimmung“ kennt. Thematisch handeln jede einzelne von Tris und Four. „Erste Springerin – Tris!“ erzählt von ihrer ersten Begegnung, „Vorsicht, Tris“ beschreibt wie Four sie warnt, sich zu viel einzumischen und zu offen zu reden und in „Du siehst gut aus, Tris“ spürt man, wie sich Four langsam beginnt, in Tris zu verlieben. Eigentlich sind die Geschichten viel zu kurz und verraten wenig Neues, aber ich habe sie trotzdem genossen. Sie sind eben einfach eine schöne Möglichkeit, noch mal zurück zu gehen. Und sie machen definitiv Lust, sich nochmal an die Reihe (oder zumindest den ersten Band) zu machen.

Man kann sich vermutlich streiten, ob der Kurzgeschichtenband wirklich nötig ist. Wirklich interessant ist er sicherlich nur für Fans – und zumindest den ersten Teil der Reihe sollte man gelesen haben, um seine Freude daran zu haben. Mir persönlich hat das Buch gut gefallen, schon allein wegen der ersten drei Geschichten kann ich es den Fans der Reihe guten Gewissens weiterempfehlen. Die weiteren Geschichten im Buch sind dann eine nette Zugabe, die das Gesamtpaket gut abrunden.

Hier könnt ihr selbst einen ersten Blick ins Buch werfen.

Published in: on Januar 14, 2015 at 12:30 pm  Comments (2)  
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