[Blogtour Hochverrat] Interview mit Sebastien de Castell

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Wie ihr vermutlich schon nach der Rezension festgestellt habt, haben mich Sebastien de Castells Romane wirklich umgehauen. Und da es bis zum Erscheinungstermin des nächsten Bandes noch eine Weile dauert, habe ich nach anderen Möglichkeiten gesucht, in die Welt der Greatcoats einzutauchen – im Netz gibt es zum Glück noch einige Möglichkeiten.

Nach fleißiger Recherche habe ich schlussendlich beschlossen, den Autor selbst zu löchern. Vielleicht verrät er ja noch ein bisschen über sich oder die Hintergründe zum Buch?

@Sebastien de Castell: Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, ein bisschen mit mir über die Greatcoats zu plaudern
Es ist mir ein Vergnügen – ich freue mich, hier zu sein!

@Sebastien de Castell: Wenn man sich deine offizielle Beschreibung durchliest erfährt man, dass du Archäologie studiert hast, aktuell als Musiker, Projektmanager, Kampf-Choreograph und Schauspieler arbeitest. Du bist mit einer Bibliothekarin verheiratet und lebst mit ihr und zwei Katzen in Vancouver. Magst du vielleicht noch ein bisschen mehr über dich verraten?
Trotz all meiner Jobs bin ich im Herzen ein Wanderer auf der Suche nach der Quelle der Wunder. Als ich jünger war, las mir meine Schwester C. S. Lewis „Der König von Narnia“ vor. Wie viele Kinder, habe ich den Rest meiner Kindheit damit verbracht, den Weg nach Narnia zu finden. Eher ungewöhnlich ist die Tatsache, dass ich den Großteil meines Erwachsenenlebens ebenfalls damit verbracht habe. Damit meine ich nicht die Suche nach einem magischen Welt außerhalb der unseren, sondern die Suche nach dem Gefühl der Verzauberung, dass mir diese älteren Fantasyromane gegeben haben. Die verschiedenen Orte, die ich besucht habe und die verschiedenen Berufe, die ich ausgeübt habe, haben mir die Möglichkeit gegeben Dinge zu finden, die mich inspirieren. Ein Autor zu sein gibt mir die Möglichkeit, diese mit anderen zu teilen.

@Sebastien de Castell: Nähern wir uns deinem Buch mal von außen. Wie gefällt dir das Cover? Ich persönlich finde es ja ein bisschen blutig.
Ich liebe das Cover! Es gibt soviele Fantasycover die einander gleichen wie ein Ei dem anderen. Das Cover von „Blutrecht“ – das in Deutschland entstand und später auch die Britische Version des Covers zierte – sticht hier deutlich hervor. Und obwohl die Charaktere in Blutrecht in ihren Konversationen sehr humorvoll sein können ist ihre Welt doch eine ziemlich Düstere.

@Sebastien de Castell: Auf Graeme’s SFF hast du einen Gastbeitrag zu Thema „Kampfszenen schreiben“ verfasst. Ein Artikel, der zumindest ein bisschen verrät, wo du deine Inspirationen her bekommen hast. Anscheinend spielten unter anderem „Die Brautprinzessin“ und „Die Duellisten“ eine Rolle. Haben dich die Filme zum Buch inspiriert? Gab es vielleicht andere Filme oder Bücher, die dich auf dem Weg zu „Blutrecht“ begleitet haben?
Wie die meisten Autoren lasse ich mich von vielen verschiedenen Quellen inspirieren. Ich liebe die Verspieltheit in den Kampfszenen der Brautprinzessin, aber die dunkle Seite von „Blutrecht“ verdanke ich eher der Sensibilität von Filmen wie „Die Duellisten“ von Ridley Scott. Außerdem wurde ich stark durch den Stil der Dialoge von Aaron Sorkins Serie „The West Wing – Im Zentrum der Macht“ (ein amerikanisches Polit-Drama ohne jegliche Fantasyelemente aber mit brillanten Dialogen zwischen den Charakteren) beeinflusst.
Manchmal ist auch Musik eines der Schlüsselelemente für die Kreation einer Szene. Tatsächlich hat jeder der Greatcoats einen eigenen Song, der seinen Kampfstil beschreibt. Beim Schreiben der Kampfszenen habe ich die Lieder immer wieder abgespielt um die Schritte und den Rhythmus der Kämpfer zu finden.
Außerdem gibt es natürlich viele verschiedene Autoren, die mich stark beeinflusst haben, unter anderem Steven Brust, dem Autor von „Jhereg“ und Roger Zelazny, der neben vielen anderen klassischen Romanen auch die Reihe um die „Die Prinzen von Amber“ schrieb.

@Sebastien de Castell: Das klingt tatsächlich ziemlich interessant. Welche Lieder repräsentieren denn die verschiedenen Charaktere? Mich würde speziell Falcios Lied interessieren. Wechseln oder verändern sich die Lieder im Laufe der Geschichte?
Kests Kampfstil wird durch das elektronische Musikstück „Mirando“ von Ratat repräsentiert. Es passt zu seinem unvorhersehbaren und kraftvollen Rhytmus seiner Schwertführung. Zu Brastis Kampfstil passt das Lied „Cobra Style“ von den Teddybears (featuring Mad Cobra) – ein unbarmherziges Lied aus dem Pop/Rap-Szene, dass deutlich schneller ist als die meisten Stücke dieses Genres. In dem langsameren Teilen des Stücks kann man sich Brastis Schüsse vom Zug bis zum Schuss fast bildlich vorstellen.
Falcios Lied im ersten Band der Reihe ist „You Know My Name“ von Chris Cornell. Es ist das Lied, das in dem Intro des James Bond Films „Casino royale“ gespielt wird. Die Häufung der Schläge vor dem Einsetzen des Chors passt genau zu Falcios Vorbereitung für die eine perfekte Attacke. Außerdem harmonisiert der Text außerordentlich gut mit Falcios dunkler Seite.
Es gibt noch eine ganze Menge andere Lieder, die ich mir angehört habe, während ich die Schlüsselszenen der Geschichte geschrieben habe. Irgendwo in den weiten des Internets gibt noch einen Artikel über die Musik von „Blutverrat“, in dem ich tatsächlich auf alle eingehe.

@Sebastien de Castell: In einem deiner früheren Interviews habe ich gelesen, dass dich die historischen Wanderrichter zu den Greatcoats inspiriert haben. Was ist mit den Dashini? Gibt es auch hier historische Vorbilder? Werden auch sie durch ein (oder auch mehrere) Lieder repräsentiert?
Die Dashini gehen auf die Nizari Ismailis zurück, die manchmal auch als „Hashishiyya“ (das bedeutet „ohne Erklärung“) bezeichnet werden. Sie sind eine der ersten organisierten Gruppen, die große politische Veränderungen durch den Tod einzelner Machtfiguren hervorgerufen haben.
Ich habe die Dashini in die Geschichte eingebracht um den Greatcoats etwas zu geben, vor dem selbst sie sich fürchten. Die Greatcoats wurden als Gegenpol zu den Rittern aufgebaut, die Dashini sind etwas ganz anderes und weit älteres – eine Macht, von der die Greatcoats nicht mal hoffen können, sie zu Fall zu bringen. Als Falcio zwei von ihnen tötet ist es das erste Mal, dass ein Greatcoat eine solche Attacke überlebt hat, und im zweiten Teil von „Hochverrat“ werdet ihr sehen, dass er dafür noch bezahlen muss.
Kennt ihr das Lied „Baghdad“ von Jesse Cook? Das habe ich im Hintergrund gehört, als ich die Kampszene zwischen Falcio und den Dashini schrieb.

@Sebastien de Castell: Durch deine Arbeit als Choreograf hast du vermutlich den größten Teil des Buches bildlich vor dir. Könntest du dir eine Verfilmung des Buches vorstellen? Hast du vielleicht selber schon ein paar Szenen im Buch – die Kampfszenen zum Beispiel – nachgespielt?
Es gibt gravierende Unterschiede zwischen dem Schreiben einer Kampfszene für einen Roman und dem Erstellen eine Choreografie für Theater oder Film. Am einfachsten ist es so zu erklären: Für Film oder Theater muss man jede einzelne Bewegung und Aktion genau beschreiben und sie so ausführen, dass der Zuschauer sie sehen kann. In einem Roman würde eine solche Beschreibung die Geschichte unnötig in die Länge ziehen und den Leser damit langweilen. Stattdessen muss man versuchen den Leser gerade soviele Details zu geben, dass er sich die Bewegungen und Aktionen anhand der Motive und Gedanken der Figuren selber vorstellen kann. Damit ist es meine Aufgabe, dem Leser so viel über Schwertkampf beizubringen, dass er die Kampfszenen vor seinem inneren Auge selbst choreografieren kann.

@Sebastien de Castell: Und nun zur Frage, die vermutlich alle bewegt, die wie ich die ersten Band um die Greatcoats verschlungen haben. Wann geht es weiter? Band zwei, „Hochverrat“, erscheint im Dezember. Für wann sind denn die darauf folgenden zwei Bände geplant? Kannst du uns schon ein bisschen mehr zum Inhalt verraten?
Das zweite Buch wird in der Tat bereits im Dezember veröffentlicht – sechs Monate, bevor die englischsprachigen Leser es in der Hand halten können. Hochverrat führt die Hauptcharaktere auf eine Reise, die düsterer und gefährlicher ist als jede, die sie bisher angetreten haben. Falcio wird seine idealisierten Erinnerungen von König Paelis in Frage stellen, Kest muss nun den Preis dafür zahlen, der größte Schwertkämpfer der Welt zu sein, und Brasti muss erkennen, dass es nicht mehr ausreicht einfach nur ein charmanter Schurke zu sein. Valiana, Aline und die Schneiderin werden im zweiten Buch immer mehr an Bedeutung bekommen und der Konflikt der verschiedenen Ansichten von Recht und Unrecht wird Tristia in seinen Grundfesten erschüttern.

Ich bin gerade dabei Band drei zu schreiben, in welchem die verschollenen Greatcoats zurückkehren und der Leser endlich erfahren wird, ob Falcio die Mission, die ihm sein König gab, erfüllen kann.

Wann Band drei und vier genau erscheinen werden kann ich aktuell noch nicht sagen. Jedes der Bände wird allerdings eine komplette in sich schlüssige Geschichte enthalten. Ich selber hasse es, wenn ein Buch endet, ohne dass die Geschichte wirklich beendet ist und ich Monate warten muss, bevor ich die Fortsetzung lesen kann. Deswegen habe ich „Blutrecht“ so enden lassen, dass der Leser anstelle eines Cliffhangers eine zufriedenstellende Auflösung bekommt. Ein Ziel, dass ich auch für „Hochverrat“ angestrebt habe. Ich hoffe sehr, dass es den Lesern gefällt.

@Sebastien de Castell: In Deutschland wurde das zweite Buch in zwei Teile aufgeteilt. Du sagst, du hasst es, wenn ein Buch endet, ohne dass die Geschichte wirklich beendet ist, ich schätze das ist der Grund dafür, dass du ein zusätzliches Schlusskapitel für das Buch geschrieben hast. Wie ist dir die Idee für das Kapitel gekommen? Wird das Kapitel auch in der kanadischen Version enthalten sein?
Als ich erfahren habe, dass das „Hochverrat“ (aufgrund seiner Länge – es ist um 50% länger als „Blutrecht“) in zwei Teile aufgesplittet werden muss, war ich ziemlich nervös. Ich wollte nie, dass die Leser nur einen Teil der Geschichte lesen können. Mit meinem Lektor habe ich mich dann ziemlich schnell darauf geeinigt, dass ich eine neue Schlusszene für Teil eins und eine neue Eröffnungszene für Teil zwei schreibe, um die Teile zufriedenstellend abzurunden.
Die Art der Herangehensweise war, sich in Erinnerung zu rufen, das für das Ende eines Buches nicht zwingend alle Fragen beantwortet werden müssen, sondern es reicht, dass die Hauptcharaktere realisieren, wie sie und die Welt um sie herum sich verändert haben. In diesem Fall ist das Ende von Teil eins der Moment, in dem Falcio merkt, wie die Ereignisse der Geschichte ihn selbst, Kest, Brasti und Valiana verändert haben. Zum ersten Mal erkennt er, dass sie alle auf die ein oder andere Art gebrochen wurden – und trotzdem sind seine Gefährten genau die Richtigen, um sich mit ihnen der herannahenden Dunkelheit zu stellen.
Ich hoffe sehr, dass diese zusätzlichen Szenen den deutschen Lesern gefallen. Ob sie in der britischen, kanadischen oder amerikanischen Version enthalten sein werden, kann ich aktuell noch nicht sagen. Jeder Lektor hat seine eigene Art und damit kann es durchaus passieren, dass sie mit anderen Herangehensweisen die Geschichte und den Lesespaß optimieren wollen.

@Sebastien de Castell: Vielen Dank, dass du dir Zeit für das Interview genommen hast. Ich freu mich schon darauf, bald wieder von dir zu lesen.
Ich habe zu danken. Für mich hat die Greatcoats-Reihe höchste Priorität, gerade weil ich weiß, dass dort draußen einige wundervolle Leser darauf warten den Rest der Serie zu lesen. Neben diesen Büchern arbeite ich noch an verschiedenen anderen Büchern und ich hoffe, dass meine andere Fantasyreihe „Spellsinger“ (eine Art Western-Fantasy-Märchen über einen ausgestoßenen Mager und seine ziemlich ungewöhnlichen Gefährten) bald für meine Leser erhältlich ist.

Und auch wenn ich kein Deutsch spreche (und überaus dankbar bin, den bemerkenswerten Andreas Decker – der auch die „Rad der Zeit“-Reihe übersetzt hat – als Übersetzer der Greatcoats zu haben) freue ich mich immer von den Lesern meiner Bücher zu hören. Ihr findet mich auf www.decastell.com oder via Twitter über @decastell.

Published in: on Dezember 10, 2014 at 7:01 am  Comments (3)  
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3 KommentareHinterlasse einen Kommentar

  1. Hallo und guten Tag,
    Danke für das Interview und damit einen Einblick in die Arbeit des Autoren.

    LG..Karin..

  2. Auch von mir ein Danke! Die Blogtour macht Spaß!

  3. Ein schönes und informatives Interview! De Castell wirkt super sympathisch.


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